Leslie-Kabinett - Dr. Christian Pinter - Klang

Klangbeispiele
Dr Christian Pinter
zum Thema Astronomie
Direkt zum Seiteninhalt
Leslie-Kabinett
Der 1911 in Illinois geborene Radio- und Elektrotechniker Donald Leslie ist vom „trockenen“ Klang der Hammond-Orgel enttäuscht (Foto links).

Nach einigen Versuchen erkennt er, dass er deren Klang mit rotierenden Lautsprechern ungemein beleben kann.

In der Praxis ist das freilich schwierig. Die Stromzuleitungen zu den Lautsprechern würden dabei rasch verdrallen und reißen, und eine Stromzufuhr über Schleifer ist heikel.
Also zimmert Leslie eine hohe Holzbox und setzt zwei fix montierte, waagrecht ausgerichtete Lautsprecher hinein: Der Basstöner strahlt nach unten, der Mittel- und Hochtöner nach oben. Unter dem Tieftöner dreht sich eine Schallumlenktrommel, über dem Hochtöner rotiert ein schlankes Horn.

Augenscheinlich sind es zwei Hörner, aber das zweite ist bloß eine Atrappe, um bei der raschen Umdrehung keine Unwucht entstehen zu lassen. Horn und Umlenktrommel werden motorisch in Schwung versetzt. Anfangs dreht sich das Horn sehr rasch, später schenkt Leslie ihm auch eine umschaltbare, langsame Geschwindigkeit.
Das Lautsprecherpaar nutzt den Doppler-Effekt, den der Salzburger Christian Doppler 1842 postuliert hat (links die Gedenktafel an seinem Geburtshaus).

Bewegen sich Signalquelle und Empfänger aufeinander zu, wird die Schwingung gestaucht: Beim Zuhörer langt ein etwas höherer Ton ein als eigentlich gespielt. Bewegen sich Quelle und Empfänger von einander fort, wird die Schwingung in die Länge gezogen: Der einlangende Ton wird tiefer.
Doppler glaubt fälschlich, die Farben der Doppelsterne entstünden so. Doch da irrte der Salzburger. Der Effekt zeigt sich lediglich anhand ihrer Spektrallinien (Grafik links), jedoch nicht anhand der Farben.

Daher erfuhr Doppler gerade von den Astronomen Ablehnung, was ihn überaus enttäuschte.
Im Bereich der Akustik wurde der Doppler-Effekt aber rasch nachgewiesen - mit Trompetern in vorbei fahrenden Eisenbahnwaggons bzw. dem Signal einer am Zuhöhrer vorbeirasenden Lokpfeife.

Mein Buch Helden des Himmels erzählt die Geschichte des Doppler-Effekts und dessen heutige Bedeutung in der Astronomie ausführlicher.


Foto links: Doppler-Büste an der Uni Wien
Zurück zum Leslie-Kabinett: Bewegen sich die Öffnungen der rotierenden Schallumlenker im hölzernen Kasten auf den Hörer zu bzw. von ihm fort, wird der Ton - dank Doppler - rhythmisch höher bzw. tiefer. Es kommt somit nicht nur zu einem Tremolo-Effekt (also zu geringfügigen periodischen Lautstärkevariationen) sondern auch zu einem Frequenzvibrato (also zu kleinen rhythmischen Tonhöhenschwankungen).

Außerdem werfen die Umlenker das Signal auch auf die Innenseiten der Box, die diese Wellen dann zum Zuhörer reflektieren. Schlitze in der Vorderwand lassen den Klang entkommen. Alles in allem entsteht aus einem simplen Ton ein komplexes Wechselspiel einander überlagernder Tonhöhen. Es kommt dabei zu sogenannten "Schwebungen". Und die bereichern das Klangbild der Hammond-Orgel.
Laurens Hammond lehnte die Leslie-Boxen ab. Das Tempo des Horns musste daher mit einem zusätzlich an der Orgel angebrachten Schalter gesteuert werden (langsam/schnell). Der Form wegen sprach man bei diesem Zusatzgerät von einem "half-moon switch" ("Halbmondschalter").
Musiker wie David Gilmour (Pink Floyd) nutzten Leslie-Kabinette, um ihren Gitarren-Sound zusätzliche Lebendigkeit zu schenken - z.B. im Album "The Dark Side of the Moon".

Gilmour verwendete zeitweise sogar wirklich rotierende Lautsprecher - trotz der eingangs erwähnten technischen Probleme. Diese Geräte nannte er "Doppolas" - in offensichtlicher Verbeugung vor Christian Doppler.
Heute versucht man oft, die komplexen Modulationen der Leslie-Boxen elektronisch nachzuahmen. Wie mir Gert Prix, der Gründer des Eboardmuseum in Klagenfurt erklärte, gelingt dies am ehesten beim Basslautsprecher und seiner Umlenktrommel. Beim rotierenden Hochtöner mit seinem Umlenkhorn funktionieren die Simulationen bei weitem nicht so gut.

Im überaus sehenswerten Eboardmuseum findet man etliche Lesliekabinette - und zahlreiche Orgeln aus dem Hause Hammond.
Zurück zum Seiteninhalt